Die zweite Reha
Auch wenn es nicht beabsichtigt war. Ich fuhr noch einmal zur Reha.
Nun ist es wieder mal soweit. Ich bin zur Reha, Heringsdorf in der Kulmklinik. Die Voraussetzungen sind andere. Ich weiß, was mich erwartet, wenn ich zurückkehre. Ich habe meine Frau als Stütze. Meine Familienleben ist stabil.
Und doch bin ich wieder hier. Auch wenn das hier diesmal ein anderer Ort ist.
Diesmal begleiten mich noch Schmerzen im Knie. Wie sich herausstellen wird, ist das Knie ziemlich kaputt, aber ich kann damit leben! 😀 Die Reha wird hier aber auch Gutes tun, dazu später.
Die ersten Tage passiert erst mal nichts. Aufnahme, Gespräche, Tests. Das ist erst mal langweilig und unbefriedigend. Aber ich überstehe das.
Dann habe ich meinen ersten Wochenplan. Anwendungen, Gruppensitzungen, Einzelgespräche mit der Psychologin, Physio und Kältekammer.
Kältekammer war für mich total neu. Ist wie Sauna, nur nicht 100 ° C sondern -100 °C! Das Ganze in Badehose! 3 Minuten maximal, dann muss man wieder raus. Schmerztherapie! Und es hilft meinem Knie sehr gut. Während ich anfangs noch mit dem Fahrstuhl fahren musste, werde ich zum Ende der Reha schmerzfrei sein und auch später bleiben.
Der Morgen beginnt mit Gruppensitzung. Jeder fasst kurz zusammen, wie er sich fühlt, was anliegt. Die Gruppenzusammensetzung ist gleich, später werden „Abgänge“ durch „Neue“ ersetzt. Komisches Gefühl, wenn man „seine Leute“ verliert.
Im Gegensatz zur 1. Reha suche ich den Kontakt. Ich werde eine Kollegin aus den alten Bundesländern kennenlernen, mit der ich viel Zeit verbringen werde. Gemeinsames Leiden verbindet. Gemeinsame Arbeit darüber hinaus auch. Auch andere Kollegen werde ich kennenlernen. Aber am meisten sind dort Lehrer als Patienten. Man erfährt viel über andere und staunt, zu welchen Entscheidungen manche doch fähig sind. Eine Patientin wird nicht mehr in ihren (sicheren) Job zurückkehren. Respekt für solche Entscheidung.
Sport tut mir sehr gut, obwohl ich auch hier erst mal 1 Woche unter Aufsicht trainieren muss, bevor ich allein in den Fitnessraum darf. Falsch kann man trotzdem noch vieles machen. Diesmal gehe ich es jedoch richtiger an. Ich übertreibe es nicht. Mache so viel Sport, wie ich es dann auch zu Hause auch weiterführen kann. Und ich werde zu Hause wirklich 3 Mal die Woche trainieren.
Die Therapiesitzungen sind psychisch anstrengend. Diesmal versucht man nicht mir neues Verhalten beizubringen, sondern versucht, dass ich darauf komme, wo das herkommt. Dann kann ich mein Verhalten darauf einstellen. Mir wird das sehr weiterhelfen.
Die erste Gruppensitzung wird für mich zum Albtraum. Die Gruppe bestimmt selbst die Themen. Zeit 90 Minuten. Die Sitzung davor (da war ich noch nicht dabei!) lief so, dass man über 1 h herumsaß, da niemand ein Thema einbringen wollte. Der begleitende Psychologe schaut nur, dass Gruppenregeln eingehalten werden.
Ich nehme mir vor, dass mir das nicht passiert. Das wäre verschwendete Zeit für mich. Und es wird so kommen. Niemand will ein Thema einbringen. Ich werde ansprechen, dass es für mich ein Problem ist, dass ich meine Emotionen nicht unter Kontrolle bringen kann. Die Gruppe nimmt das Thema an und es kommt eine Dynamik zustande, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Es wird meine schlimmste Erfahrung. Es werden Sachen hochkommen, die ich längst verdrängt hatte, die ich als Problem nicht vermutet hätte. Es wird sich herausstellen, dass der Tod meines Vaters für mich immer noch ein erhebliches Problem darstellte. Die Zusammenhänge, die hier zur Sprache kommen, sind emotional sehr belastend. Am Ende der 90 Minuten werde ich psychisch erschöpft sein. Und doch wird dies ein Neuanfang, der mich vorwärtsbringt, wie ich es zuvor nicht vermutet hätte.
Und zu diesem Thema werde ich später noch so viel mehr lernen und verstehen…. Die Psyche ist schon verrückt!
Meine Familie besucht mich regelmäßig. Es ist angenehm, den Rückhalt zu haben. Es ist angenehm, sich nicht mehr zurückzuziehen, sich einzuigeln, wie beim ersten Mal noch. Offen gegenüber anderen zu sein, heißt auch offen für Veränderungen zu sein. Ich bin bereit wieder an mir zu arbeiten. Und ich lerne viel über mich und versteh langsam, warum ich mich so verhalte.
Von April bis Dezember 2016 hatte ich die Möglichkeit an der IHK Berlin eine Trainerausbildung (Train the Trainer) zu erhalten. In dem Seminar lernten wir sehr viel über Psychologie. Hier verstand ich so viel mehr. Eigentlich hat alles mit Freud zu tun. Es würde zu weit führen, dies an dieser Stelle auszuführen. Aber ich empfehle Interessierten Freud, Riemann, Thomann zu lesen. Wenn man dazu noch jemanden hat, der einem noch einiges erklärt, kann man mit vielem besser umgehen.
Ich leide unter anderem Verlustängsten. Das wurde mir in der Reha klar. Nach „Train the Trainer“ verstehe ich das noch viel besser. Riemann / Thomann machen es verständlicher. Und da ich es verstehe, kann ich besser damit umgehen. Es gelingt mir immer besser, wenn auch nicht immer!