Mein Leben zwischen den Rehas

Ich war zweimal zur Reha. Warum? Ich begann nach der ersten Reha eine Psychotherapie und doch stürzte ich erneut ab. Wie kam es dazu… Hier dazu mehr:

Ich bin zurück aus der Reha. Es ist ein merkwürdiges Gefühl. Ich habe zuvor alles hingeworfen. Alle Funktionen, alle Verantwortungen. Jetzt soll ich mich nur noch um mich, um meine Familie kümmern? Damit soll ich ausgefüllt sein? Ist das nicht zu wenig, erwartet man nicht mehr von mir? Was werden die Arbeitskollegen sagen?

Unsere Psychologin gibt den Beginn des Hamburger Modells im April vor. Ich bin nun mittlerweile 5 Monate zu Hause. Ich werde nicht mehr im Schichtsystem arbeiten. Dies würde akute Rückfallgefahr bedeuten. Also wie weiter? Mein Hamburger Modell werde ich beim Revierdienst durchführen. Was ich heute noch nicht weiß, hier werde ich bleiben, mich wohlfühlen und wieder abstürzen.

Und doch werde ich die Zeit in guter Erinnerung behalten. Die Kollegen sind super. Ich fühle mich dort sauwohl! Und genau das wird dann wieder zum Problem. Aber dazu später.

Das Hamburger Modell beginnt nicht gut. Niemand weiß so Recht, was er mit mir anfangen soll. Ich sitze ohne Aufgabe herum. Was soll man auch mit mir anfangen, keiner weiß Bescheid, was mit mir ist. Ich weiß es selbst nicht richtig. Wie soll es weitergehen? Bleibe ich dort, gehe ich wieder, die Unsicherheit ist wohl überall groß. Ich will das Hamburger Modell eigentlich schon abbrechen, dann kommt die Information, ich bleibe dort. Ich bekomme mein Revier und endlich kann ich wieder sinnvoll arbeiten, fühle mich nicht so sinnlos. So vergeht die Zeit, ich arbeite mich ein, baue Kontakte auf, fühle mich immer wohler.

Ich habe eine Psychotherapeutin gefunden. Durch einen Zufall hat sich eine Psychotherapeutin aus meiner Reha selbstständig gemacht und übernimmt mich. Anfangs muss ich dafür noch jede Woche 70 km nach Oranienburg fahren. Dann werden es 2 Wochenabstände, dann 3.

Dann kommt die Idee ein Haus zu bauen. Wir wollen bei meiner Mutter aus dem Haus ausziehen. Eine passende Wohnung zu finden ist nicht einfach. Gute Wohnungen kosten einen 4-stelligen Betrag im Monat. Irgendwann sagen uns Freunde, das bezahlen wir für unseren Hauskredit auch, baut doch!

Wir schauen uns verschiedene Hersteller an, landen doch schlussendlich bei einem Bekannten, der bei Massa arbeitet. www.bralitz.eu entsteht als Homepage für die Bauphase.

Der Bau bedeutet noch mal Stress, die Psychotherapeutin hat große Bedenken. Und doch: wir werden bauen.

Dann kommt mein Chef und fragt mich, ob ich nicht seine Vertretung übernehmen möchte. Ich sage ja, glaube, dass ich das schaffe! Wieder hat die Psychotherapeutin Bedenken. Sie soll recht behalten, alles zusammen ist irgendwann zu viel! Die Abstände der Therapien werden wieder kürzer. Ich lerne nur auf die harte Tour.

Der Hausbau und alles Drumherum ist stressig, viel Arbeit, wenig Zeit. Auf Arbeit versuche ich mein Bestes zu geben. Dann habe ich den Eindruck, dass ich manchen Kollegen nicht fleißig genug bin. Also erhöhe ich meine Anstrengungen. Ich mache jeden Einsatz mit, den ich einrichten kann. Kann ich nicht, entschuldige ich mich dafür. Jedes Mal, wenn ich nicht kann, erkläre ich warum ich nicht kann. Mir fällt nicht auf, dass dies andere nicht tun. Dadurch kommt es natürlich rüber, als würde ich weniger als andere machen. Also versuche ich noch mehr zu machen. Langsam wird es wieder zu viel. Meine Kraft lässt nach, die Batterien sind leer. Ich versuche gegenzusteuern, fange etwas später an, gehe eher. Leider hilft dies nicht. Der Sport, welcher mir hilft kommt immer kürzer, eine Spirale in die Tiefe beginnt. Im Oktober 2014 ist es dann so, dass aufgrund Krankheit und Urlaub anstatt 15 Kollegen nur noch 3 Kollegen im Dienst sind. Es zerrt an den Kräften, dann kommt es zu einem Ereignis, bei dem meine Kollegen auf eine Frage hin, aus der Haut fahren. Mir scheint es, dass ich die Symptome kenne. Nur bei mir nehme ich sie nicht wahr. Dann ein Konflikt mit einem Chef, ich schreibe nach langer Überlegung eine Überlastungsanzeige. Auf seine Reaktion war ich nicht gefasst. Ich werde von allen Ämtern entbunden, soll nur noch Anzeigen aufnehmen. Ich bin wie benommen, kann mich kaum noch auf den Beinen halten, habe das Gefühl gleich abzuklappen. Mir ist klar, dass ich nicht mehr kann. Und obwohl ich nicht mehr kann, mache ich alle Arbeit an diesem Tag noch fertig, gehe dann nach Hause. Ich werde wieder lange zu Hause sein. Erst nach einer weiteren Reha werde ich wieder arbeiten können.

In dieser Situation macht sich unsere stabile Beziehung bezahlt. Meine Frau ist für mich da, unterstützt mich, versucht mich wiederaufzubauen. Und doch ist sie verunsichert, soll sie mich schonen oder soll sie mir in den Ar… treten. Für sie wird es so schwer, dass sie selbst krank wird, lange zu Hause sein wird und auch zur Reha muss. Es wird noch eine harte Zeit. Sie wird unsere Ehe noch weiter festigen, schweißt uns noch mehr zusammen. In der Zeit bin ich noch mehr dafür dankbar, dass wir unsere Ehe retten konnten.

Aber auch unsere Freunde sind uns eine große Stütze. Sie helfen meiner Frau, als ich wieder zur Reha musste, sie werden mir helfen, als meine Frau in der Reha ist. Sie halfen, als es mir schlecht ging, als ich nicht wusste, wie es mit mir weitergehen soll. Sie fuhren mich damals wieder ins Krankenhaus, haben mich gerettet. Ohne sie wäre es nicht gegangen. Danke auch hier noch mal!

Dann haben wir eine neue Psychologin auf Arbeit bekommen. Sie will, dass ich nicht wieder nach Lindow gehe, sondern eine andere Reha – Einrichtung besuche. Es wird dann die Kulm Klinik in Heringsdorf. Der Ansatz ist dort nicht rein verhaltenstherapeutisch, sondern (auch) tiefenpsychologisch. Und das wird mir weiterhelfen.

Dazu werde ich hier berichten.