Wie mein Weg begann…
Ich möchte meinen Krankheitsweg erläutern. Mir geht es bei dieser Schilderung nicht um Mitleid, auch nicht um Verständnis für mein Verhalten in der Vergangenheit oder aktuell! Wer das will, kann sich das hier unter Umständen auch holen! 😉 Ich schildere dies deshalb so ausführlich, um anderen die Augen zu öffnen, um wie ich auf der Startseite schon schrieb, zu informieren.
Allerdings bin auch kein Therapeut! Ich kann hier keine Diagnosen stellen, auch möchte ich nicht behaupten, dass derjenige, der dies liest und sich wiedererkennt, ebenfalls unter Depressionen leidet. Aber ich kann denjenigen nur raten, sich professionelle Hilfe zu holen.
Wie es begann…
Nun sitze ich hier bei der Psychologin in der Reha und habe Schwierigkeiten ihr zu versprechen mir nichts anzutun. Mein Leben scheint ein Scherbenhaufen und ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels. Wie konnte es soweit kommen?
Bis 2007 war mein Leben ziemlich statisch. Ich hatte eine Stelle, die ich seit 1998 ausübte. Ich musste zwar Schichtarbeit leisten aber das ging. Dann wurde ich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte in einer Arbeitsgruppe mitzuarbeiten. Man hatte meine Beiträge in einem Forum gelesen und hätte mein Fachwissen gern dabei. Ich sagte zu und mein Arbeitsinhalt und mein Arbeitsplatz änderte sich. Ich musste zwar nicht mehr in Schichten arbeiten, fuhr aber jeden Tag eine Strecke 80 km zur Arbeit. Ca. 1 Jahr später zog die Arbeitsgruppe um. Ich ging nach kurzer Überlegung mit. Mein Arbeitsweg war nun 130 km eine Strecke. Das war dann doch zu viel, um das jeden Tag mit dem Auto zu fahren. So nutzte ich die öffentlichen Verkehrsmittel. Allerdings kam ich aus unserem Ort nicht ohne Fahrzeug zum nächsten Bahnhof und die tägliche Fahrtzeit betrug nun 4,5 h, bei Verspätungen bis zu 5,5 h. Nach insgesamt 2,5 Jahren war für mich Schluss. Ich ging wieder zurück zu meiner alten Arbeitsstelle. Zuvor habe ich versucht, eine Stelle zu finden, bei der ich keine Schichtarbeit mehr leisten musste. Man machte mir Angebote, machte Versprechungen und hielt sich nicht daran. Letztendlich landete ich genau dort, wo ich zuvor war.
Das war also der Lohn, dass ich mich zuvor 2,5 Jahre fürs Land ins Zeug gelegt habe? Manch ein Kollege hat mir das prophezeit. Ich sollte es eigentlich auch wissen.
Nun ja, der Job an sich macht unheimlich Spaß. Das Team war super. Man hatte Spaß bei der Arbeit. Aber ich wurde ja auch älter. Nachtschichten steckte ich nicht mehr so gut weg, wie früher. Zumal ich schon immer nicht so gut schlief!
2009 wurde ich auch angesprochen, ob ich nicht Lust hätte mich in unserem Ort mehr einzubringen. Der Ortsbeirat sucht Unterstützung. In der entsprechenden Versammlung wurde uns 3 neuen Kandidaten dann mitgeteilt, dass der alte komplett zurücktritt, wir sind der neue Ortsbeirat. Die beiden anderen machten nur mit, wenn ich Ortsvorsteher würde. So kam es dann. Wir wurden gewählt und waren völlig unerfahren. Also hieß es sich einarbeiten, lesen, Versammlungen abhalten, Veranstaltungen besuchen, Seminare besuchen, wieder lesen. Um moderne Medien zu nutzen, fing ich an eine Website zu erstellen. Ahnung hatte ich damals keine davon! Also wieder lernen. Dann gründeten wir einen neuen Verein, ich wurde Vereinsvorsitzender. Unsere 675 Jahr Feier im Dorf stand an, ich wurde Vorsitzender einer Arbeitsgruppe bei der Vorbereitung. Darüber hinaus war ich der Vorsitzende der Schulkonferenz der Schule meiner Tochter.
Auf Arbeit hatte ich mich zum IT Trainer qualifiziert, welches ich im Nebenamt durchführen sollte. Ich war auch dort Mitglied einer Arbeitsgruppe. An der Fachhochschule war ich als Lehrbeauftragter im Nebenamt tätig.
Nebenbei hatte ich noch ein Gewerbe angemeldet. Dazu kam ich aber nicht mehr. Warum nur?
Darüber, wo bei diesem Pensum meine Familie blieb, habe ich mir damals keine Gedanken gemacht. Nur… Jedem, der das jetzt liest, dürfte klarwerden, das ist nicht zu schaffen! Dazu kam mein Willen, über alles die Kontrolle zu haben. Etwas aus der Hand zu geben, fiel mir schwer. Und doch musste ich abgeben, ich konnte ja nicht alles schaffen, mein Tag hatte ja auch nur 24 Stunden. Andere übernahmen auch Arbeiten und ich fühlte mich, als hätte ich alles getan. Und immer standen Aufträge, Sitzungen, Abfragen und Arbeiten an.
Meinem Körper war dies schon längst zu viel! Er sendete deutliche Signale, nur nahm ich diese nicht wahr. Ich fühlte den ganzen Tag ausgelaugt, war ständig schlapp. An freien Tagen stand ich morgens auf, quälte mich zur Couch und befand mich dort auch noch, als meine Frau von der Arbeit kam. Dabei hatte ich den Eindruck viel getan zu haben und völlig fertig am Abend. Was tat mein Körper? Wahrscheinlich total erstaunt angesichts der Ignoranz der Warnsignale, fing er an, größere Geschütze auf zu fahren. Jetzt begannen die Rückenschmerzen. Der Rücken tat immer weh, außer beim Sport. Dort konnte ich alle Übungen durchführen, das machte der Rücken mit. Danach hatte ich Schmerzen. Diese wurden immer schlimmer. Ich war deswegen krankgeschrieben und nahm 3 Mal am Tag IBU 800 Schmerztabletten, die höchste zulässige Dosis. Geholfen haben sie nicht. Mein Orthopäde fand keine körperlichen Ursachen, ich verfluchte ihn und wollte den Arzt wechseln. Ich schlief auch schlecht, schlief schlecht ein und schlief nur kurz.
Zu diesem Zeitpunkt war ich ständig auch gereizt. Bei der geringsten Störung fuhr ich aus der Haut. Selbst wenn ich es wollte, ich konnte es nicht mehr verhindern. Leittragende waren meine Familie, meine Frau, meine Kinder, meine Mutter. Sie bekamen meine Launen ungefiltert zu spüren. Auf Arbeit konnte ich das (so dachte ich), gut hinbekommen. Ich war der Meinung, dass ich auf Arbeit funktionierte. Meine Arbeit habe ich geschafft. Was für ein Irrtum! Mir passierten immer mehr Fehler, teilweise erhebliche. Gott sei Dank hatte ich ein gutes Team, welche mich darauf aufmerksam machte und das Schlimmste verhinderte. Trotzdem wurde mir nicht bewusst, dass mit mir etwas nicht stimmte. Ich maß diesen Sachen keine Bedeutung bei. Es lief ja.
Dann kam der Tag, an dem ich am PC etwas schreiben wollte und es nicht mehr hinbekam. So oft ich es auch versuchte, ich konnte das Wort nicht mehr schreiben.
Mir wurde jetzt klar, dass ich Hilfe brauchte.
Leider war dies auch der Zeitpunkt, an dem meine Frau sich von mir trennen wollte. Sie wollte mich nicht mehr ertragen. Ich war nicht der, in den sie sich mal verliebt hat. Ich hatte mich sehr verändert. Mir wurde der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich konnte eine Woche lang nichts essen, nahm 5 kg ab, schlief kaum. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten.
In dieser Situation hatte ich Glück. Unsere Psychologin organisierte innerhalb kürzester Zeit, dass ich zuerst im Krankenhaus aufgenommen wurde und dann in die Reha kam. Beides waren sehr gute Stationen, hier wurde mir adäquat geholfen.
Nachlesen kann man dies hier.
Nun begann der Weg der Gesundung. Zu diesem Zeitpunkt rechnete ich jedoch nicht damit, dass er lange dauern würde, sehr lange. Und noch immer andauert…